Ich hänge mit dem Schreiben mittlerweile extrem hinterher, hauptsächlich, weil ich unterschätzt habe, wie beschäftigt einen ein Campingtour so hält. So richtige “Heute machen wir gar nix“-Tage, wie ich sie als Backpackerin in Südostasien setzen konnte, gibt es eigentlich nicht. Zusätzlich ist der Upload der Bilder grauenvoll und WordPress auch….
Ich habe entschieden, einfach zu machen und zu schreiben, was ich schaffe, und will mich nicht kürzer fassen oder so.
Mit Auto und Zelt unterwegs zu sein, ist tatsächlich wieder ein komplett anderes Reisen als die klassische Backpacker-Hostel-Nummer vor zwei Jahren in Südostasien. Es ist irgendwie mehr Freiheit, weil dein Radius automatisch größer ist (trotz der Tatsache, dass Wildcampen in Australien nicht erlaubt ist und man nicht einfach da bleiben kann, wo es einem gefällt). Aber wenn du was Spannendes in deinem Reiseführer entdeckst oder von den locals hörst, dann fährst du einfach hin, no worries. Klar, nicht überall führen Straßen hin, aber mit so einen 4WD-Walter kommt man schon ganz schön weit. Und gleichzeitig hat diese Art zu Reisen auch seine einschränkenden, mühsamen Seiten. Setze ich jetzt für den einen Becher Kaffee wieder Gasflasche und Campingkocher in Gang? Wo zum Geier übernachten wir heute Nacht? Puh, jetzt muss ich wieder alle Kisten aus dem Kofferraum stemmen, weil die Werkzeugkiste noch rein muss. Bei zwei Bechern, Tellern und Schüsseln im Sortiment kann ich meine von zu Hause so bewährte Abwasch-Aufschieberitis auch nicht so richtig ausleben. Und an richtiges Schietwetter möchte ich gar nicht denken, denn dann sitzte da inner Blechkiste und guckst recht treuherzig! Letzteres scheint nicht wirklich eine reelle Gefahr, aber ich hatte durchaus schon Momente, wo ich des Campinglebens etwas überdrüssig war. Und viele Momente, wo die große Freiheit das große Grinsen brachte.
Byron Bay lag hinter uns und eigentlich hätte ich mich gern weiter in gemächlichem Tempo die Küste weiter Richtung Süden gearbeitet und die uns von locals empfohlenen Orte Lennox Head oder Coffs Harbour mitgenommen. Aber ein weiterer die Freiheit einschränkender Faktor war natürlich Zeit und mein Rückflug ging eben am 29.01. (dachte ich da noch) Und ich hatte mir nun mal die Great Ocean Road und Melbourne in den Kopf gesetzt. Also war unser nächstes Ziel das deutlich weiter südlich liegende Port Macquarie, ebenfalls ein schöner Ort an der Küste laut Reiseführer. So brausten wir auch mal den kompletten Tag den Motorway runter, ohne Klimaanlage (war erträglich), dafür mit DJ Schming an der Playlist. “To the south to the south, my time is running out.“
Coffs Harbour wurde dann zum Lunchstopp ohne großen Sightseeing-Effekt. Aber die (angenehm kühle) Mall bot Gelegenheit, mir eine fürs Campen geeignetere Hose in Tarnfarbe zuzulegen. Tja, den Schmutz- und Staubfaktor hatte ich als Seglerin tatsächlich etwas unterschätzt… so hatte mich die Reifen-Sandpisten-Action ja bereits eine weiße Hose gekostet.
Ziel des Tages war der Timbertown Heritage Campground. Recht Basic mit Toiletten und Duschen unterm Wellblechdach, aber völlig okay. Ich schloß gleich Freundschaft mit “Peaches“, einem weißen Kakadu, der in einem Käfig nahe der BBQ-Area saß und mich erstmal so richtig schön veräppelt, da ihr “Hello?“ immer genau dann kam, wenn ich die Unterhaltung gerade aufgegeben und mich zum Gehen gewandt hatte.
Wie schon zuvor lag auch dieser bezahlbare Campground in Richtung Inland und nicht an der beliebten Küste, wo die Peak Season in vollem Gang war. Also fuhren wir am nächsten Morgen noch eine gute halbe Stunde, bis wir den “Walter“ schön im Schatten und in Strandnähe abstellen konnten, um die letzten Meter zum Town Beach zu spazieren. Die Sonne knallte mal wieder so richtig vom Himmelblau runter und tauchte alles in ein Strahlen, das Sand, Meer und Wellen noch traumhafter aussehen ließen, als sie vermutlich waren.
Halb Port Macquarie schien sich an diesem Tag am Stadtstrand aufzuhalten, bevor im Wasser und auf einem Brett, also schmissen wir die Flip Flops von uns und wanderten durchs kühle Nass an der Menge vorbei bis zum Ende des Strands, wo seitlich eine Holztreppe zum Aussichtspunkt, dem Flagstaff Hill, hinauf führt. Bah, auch hier standen wieder “Caution! Snakes!“-Schilder, kalter Schauer überm Rücken, aber trotz meiner ängstlichen Blick zeigte sich kein Reptil. Auf Flagstaff Hills ließ es sich gut mal ein bisschen sitzen, weil es auch Schatten und Bänke gab und ich Thomas mit meinem verborgenen Wissen über James Cook beeindrucken konnte (die Fernsehserie “Wind und Sterne“ 1987 über diesen britischen Ausnahmeseefahrer hatte mich als Kind sehr fasziniert), der in der Geschichtstafel des Flagstaff Hills natürlich Erwähnung fand. Cooks zentrale Rolle bei der Erforschung der australischen Ostküste war zentral – im Norden des Kontinents ist sogar eine ganze Stadt nach ihm benannt. Verflixt, ich muss diese Serie unbedingt nochmal gucken…
Auf unseren zweiten Programmpunkt für Port Macquarie freute ich mich ganz besonders, wenn es auch eigentlich ein trauriges Thema war: Ich hatte in meinem Reiseführer (Gruß an meiner Ex-Kollegen, der kommt hier gut zum Einsatz) entdeckt, dass es hier ein Koala Hospital gab, in dem es auch noch täglich eine kostenlose Führung zur Fütterungszeit gab. Da mussten wir natürlich hin, allein schon, weil das sicher stellte, dass wir die knuddeligen Fellnasen auf jeden Fall zu sehen bekamen!
Die Führung war äußerst populär, sodass die Menge in zwei Gruppen durch das Hospital geführt werden mussten – wir bekamen mit Paul einen äußerst engagierten Volunteer gesetzteren Alters, dem man das Herzblut für sein Thema deutlich anmerkte.
Das Koala Hospital in Port Macquarie existiert seit 1975, ist komplett auf Spenden und Unterstützer angewiesen und ist tatsächlich das einzigste seiner Art in Australien. Somit werden dort Koalas aus dem ganzen Land (=Ostaustralien, im Westen gibt es tatsächlich keine) behandelt. Die 7 festen Mitarbeiter und 150 volunteers holen verletzte Tiere von überall her und versuchen, sie wieder gesund zu machen und zurück in die Wildnis zu bringen. Das klappt leider nicht immer. So lernten wir bei unserer Führung die ständigen Bewohner (ca. zehn Stück) kennen, deren Verfassung dauerhaft so schlecht ist, dass sie “draußen“ nicht überleben können. Da gibt es Überlebende von “bushfire“, Zugunglücken und Autounfällen oder Koalas, die schwer von Clamydien-Infektionen gezeichnet sind (z. B. Blindheit). Derjenige, der einen verletzten Koala findet, darf Namenspate sein und der Fundort ist Teil des Namens, sodass wir Barrington Xavier, Breeza Grant und Ocean Summer trafen. Andere Volunteere fütterten die Beuteltiere (keine Bären übrigens) mit einer Spritze mit Milchbrei, damit sie sich uns von ihrer besten (=aktiven) Seite zeigen konnten. So ein Koala schläft nämlich 18 – 20 Stunden pro Tag, um seine spezielle Eukalyptus-Diät verdauen zu können.
Für etwas Aufregung sorgte ein ungeplanter Besucher, nämlich eine kerngesunde Koaladame, die in einem Baum unweit des Hospitaleingangs vor sich hin chillte. Natürlich stürzten die Touristen sofort mit gezückten Fotoapparaten und Handys hin, sodass Paul da eingreifen musste. Wenn Menschen den Fellnasen zu nahe auf die Pelle rücken, kann sie das tatsächlich genug stressen, dass sie davon krank werden. Und dieser Koala war doch pumperlgesund!
Total beeindruckt von der Führung und dem Hospital huschten wir noch schnell durchs nahegelegene Roto Haus, wo eine Landvermesser-Familie von Ende des 19. Jahrhundert bis in die späten Siebziger Jahre hinein gewohnt hat. Hmmh, kann mich als Mitteleuropäierin mit 1.000 Jahre alten Gebäude in erreichbarer Nähe historisch nicht ganz so beeindrucken, aber wie die Volunteerin im Haus richtig sagte, es ist wichtig, Dinge für die Nachwelt zu bewahren. Und irgendwo muss ja auch ein relativ junges Land wie Australien mal anfangen!
Die beinahe alltägliche Frage “Wo schlafen wir denn eigentlich heute Nacht?“ wurde erstmal zu einer Irrfahrt, da wir den angestrebten National Park Platz zwar fanden, dort aber 1) keiner mehr in der Anmeldung war und 2) der Platz komplett überfüllt schien. Immerhin gab’s hier fast zahme Kängurus und einen hübschen Strand!
Also nochmal unsere bewährte WikiCamp an und nach Alternativen gesucht. So landeten wir auf unserem ersten free Camping an einem Forstarbeiten-Hauptquartier mitten im Wald… Schön mit unbeleuchtetem Plumpsklo und Brackwasserhahn. War ja trotzdem ganz muckelig und wir waren ja dort auch nicht die Einzigen, aber als dann nach Einbruch der Dunkelheit im Wald hinter unserem Walter immer wieder “Schritte“ zu hören waren, wurde sogar der Thomas stutzig und ein wenig unruhig (ich war schon ein Nervenbündel!) – bis der Taschenlampenkegel ein völlig zur Salzsäure erstarrtes Wallaby (kleinere Verwandte des Kängurus) erleuchtete, das uns genauso dusselig anstarrte wie wir umgekehrt.
Okay. Zeit, sich so richtig richtig dämlich vorzukommen…
Song der Stunde: Capital Cities – Safe and Sound