28. Januar – 29. Januar 2019
Es war unser dritter Morgen auf dem Stevenson Falls Campground und alles ging seinen gewohnten Gang. Nach unserem Frühstück wusch ich das Geschirr ab und trockenete gedankenverloren die Kochwerkzeuge vom Abend vorher. Taiga, die weiße Schäerhundhündin, streifte ziellos zwischen den Zelten umher, auf der Suche nach einem Bällchenwerfer. Die beiden Teenager lagen noch verpennt in ihrem Zelt. Thomas werkelte irgendwo an Walter herum. Mister „Mein-Lagerfeuer-muss-das-Grösste-sein“ kam von einem Spaziergang vom Walking Track wieder und räumte sein Feuerholz auf. Irgendwann fiel mein Blick auf seinen mir zugewandten Rücken und das Gehirn schaltete auf Automatikmodus. „You’ve got a big spider on your back!“ rief ich und stürzte auf ihn zu, ohne wirklich zu denken. Zack – hatte ich die Spinne auf den frisch abgewaschenen Schaumlöffel, den ich immer noch in der Hand hatte, befördert und irgendwo ins Gras gesetzt. „Thanks!“
Ui, interessant. Zum einen, wie man so reagiert, bei einer möglichen (? keine Ahnung, was für eine Spinne das war, möglicherweise eine Huntsman) Gefahr, zum anderen, wie verschieden Thomas und ich die Größe dieser Spinne erinnern. In meiner Wahrnehmung war sie mindestens handtellergroß.
Unser dritter Morgen auf dem Stevenson Falls Campingplatz und immer noch hatten wir die Hauptattraktion hier noch gar nicht gesehen! Also, keine Müdigkeit vorschützen, ab zum Wasserfall! Es gab auch eine Straße dorthin, aber der Fußweg durch den Wald war uns lieber und dauerte auch nur ca. 30 – 40 Minuten, bevor er über einen kleinen Fluss führte, wo viele junge Familien mit ihren Kiddies am Plantschen waren, und dann wurde der Weg schnurstracks zu einem Trampelpfad, der am Wasserfall endete.
Nachdem die obligatorischen Fotos gemacht waren und wir das fallende Wasser ausgiebig bewundert hatten, bemerkte ich, dass Leute auch direkt unterhalb des Wasserfalls waren und fand durch Beobachtung heraus, dass man wohl irgendwie auf die andere Seite und näher ran kam. Ja, da bin ich dabei, wo geht’s lang? Thomas verzichtete dankend auf abenteuerliche Kletterpartien und verdingte sich lieber als Fotograf sämtlicher Tourigruppen, die ebenfalls den Lookout erreichten (naja, oder konnte nicht „Nein“ sagen, wenn er gefragt wurde), während ich fröhlich an den Badenden vorbei, möglichst vorsichtig und trockenen Fußes auf den teils wackeligen Steinen auf die andere Seite kletterte. Auch dort war es nicht ganz einfach, auf den großen, glatten Felsen einen Weg zu finden und nicht irgendwo abzurutschen. Aber schließlich war ich angekommen und konnte praktisch direkt hinter den Wasserfall gucken und Thomas zuwinken. Schon beeindruckend, so nah am fallenden Wasser zu sein!
Nach unserer Rückkehr hatte sich der Platz tatsächlich schon sehr, sehr geleert – Ende des Feiertagswochenendes und der Schulferien. Na, das konnte uns doch nur zugute kommen, klarer Fall!
Aber erstmal stand der Rest des Tages im Zeichen von Dingen, die nötig waren. Die Futterkiste hatte eklatante Lücken, der Tank war leer und Thomas wünschte sich die nächste Dusche 😉 Also ab nach Apollo Bay. Der IGA Supermarkt war zwar – typisch Touristenort – winzig und überteuert, aber ein paar Basics (lies: Bananen, Kaffee, Frühstücksflocken, Saft) brauchten wir einfach und auch der Walter ließ sich da nicht auf Diskussionen ein. Klar, auch das Benzin ist in so einer Tourigegend teurer.
Trotz eines erneut superleckeren „fish of the day“ (war diesmal „Flake“ = Haiart) mit Pommes beim Fishermen’s Co-op haderte ich damit, dass die Dusche in der Toilette aktuell unsere einzige Möglichkeit einer gründlichen Reinigung war. Diesmal waren wir nur ganz knapp vor zwei jungen Niederländerinnen da, die natürlich ebenfalls da rein wollten und nett mit dem jeweils anderen schnackten, während Thomas und ich gerade duschten. Uff, und als ich nach einem HuschHuschHusch-Waschen rauskam, standen da schon wieder sechs – sieben Leute an! Nee, nee, nee, das musste besser werden, da war ganz dringend wieder ein besser ausgestatteter Campground mit Duschen und warmen Wasser fällig, Dolleros hin, Budget her! Aber noch nicht heute, diese letzte Nacht verbrachten wir doch noch mal beim Stevenson Fall und – tada! – hörten plötzlich nachts erstmals sogar die Rufe der paarungswilligen Koalas. Was so 100 Menschen weniger doch ausmachten!
Um mich mit dem Campen wieder ein bisschen versöhnen, hatte Thomas die Idee, am nächsten Morgen direkt loszufahren und in der Nähe von Apollo Bay mit Blick aufs Meer zu frühstücken (ja, er kennt mich auch schon ein paar Tage) und das funktionierte 1A! War aber auch einfach traumhaft, unseren Tisch und die Stühle so easypeasy da hin zu stellen, wo der Blick am besten war, und dann unser Müsli begleitet vom Meeresrauschen zu löffeln. Ja, das ist sie dann, die große Freiheit! Danach ging es auch nochmal runter an den Strand, wo wir einfach ein bisschen gechillt und aufs Meer geguckt haben.
Unser Ziel für heute hieß Princetown und lag gute 100 Kilometer weiter westlich auf der Great Ocean Road, die hier größtenteils aber nicht am Meer entlangfführte, weil da das Naturschutzgebiet vom Cape Otway war. Stattdessen war die berühmte B100 hier eher unspektakulär, links und rechts gab es hauptsächlich Bäume oder Felder zu sehen. Mehrere Male war die Geschwindigkeitsbegrenzung über längere Strecken wegen angeblicher „log trucks“ Einfahrten auf 40 km/h runtergesetzt. Für uns nicht ganz nachvollziehbar.
Das Princetown Recreation Reserve klang in den Beschreibungen der App unseres Vertrauens wirklich gut: Vernünftige Waschräume, viel Platz für Camper, nur 20 Dollar/Nacht, kurzer Weg zu den 12 Aposteln (einem der Hauptattraktionen der Great Ocean Road) … und jeder schrieb, es gäbe dort Kängurus….?
Der caretaker Mick vor Ort war mal wieder so ein ganz Entspannter, „If I were you, I would drive around the complete camp ground and take your time to pick the best spot for you.“ Haben wir natürlich auch gemacht und uns in eine der Ecken gestellt, etwas abseits von den Motorhomes, mit Blick auf die „Prärielandschaft“ hinter dem Zaun. „Genau“, dachte ich, „wenn es hier Kängurus gibt, dann ja wohl genau hier.“
Und tatsächlich, das Bauchgefühl war genau richtig, schon um 17 Uhr rum sahen wir die ersten sich bewegenden Schatten auf der Prärie, gut getarnt in hellbraun/hellgrau auf beige, aber unverkennbar! Ermutigt von den Klettererfahrungen am Tag zuvor bin ich zum Besser gucken können mal eben auf den Walter gestiegen, auf die Aussichtsplattform sozusagen! Jo, da war richtig Känguru-Party und mit fortschreitender Uhrzeit wurden es immer mehr, die friedlich vor sich hin grasten.
Ich konnte mich am lebendigen Wildlife um uns herum mal wieder gar nicht sattsehen! Hier war ja viel mehr los als auf dem ausgewiesenen Wildlife Track im Nationalpark letztens. Besonders gerne sah ich die „Riesenhasen“ (wie sie damals, bei der Erforschung Australiens, die Briten beschrieben) ja hüpfen – boingboingboing, ein wirklich lustiger Anblick! Und plötzlich war da sogar ein Känguru mitten auf dem Campingplatz (dessen Zentrum mal wieder ein Cricketfeld für die lokale Mannschaft war), wie war das bloß über den Zaun gekommen? Tja, sah ich kurz darauf mit eigenen Augen: Mit einem beherzten Sprung über das Hindernis, ganz einfach! Wahnsinn, was für Höhen die nehmen konnten!
Next stop: Es wurde biblisch – wir hatten ein Date mit den 12 Aposteln.
Song der Stunde: Savage Garden (die ollen Australier) – I want you