26. – 27. Januar 2019
Passend zum Australia Day strahlte der Himmel wieder knallblau auf uns herab und auch der fireban war aufgehoben. Lucky, eh? Wir beschlossen, angesichts der Fülle auf dem Campground erstmal die nächsten Tage dort zu bleiben und lediglich Tagesausflüge in die Umgebung zu machen. Hierzu markierten wir ganz Mallorca-Strand-mäßig „Ich leg‘ jetzt mal mein Handtuch auf die Liege“ unseren Platz mit dem aufgebauten Pavillion, den Stühlen und dem Tisch, in der Hoffnung, dass niemand uns das Fleckchen streitig machen würden, und düsten wieder Richtung Great Ocean Road. Und dem ersten Strand.
Am Skenes Beach, wo wir eigentlich nur „kurz“ anhalten wollten, konnte ich mich von den faszinierenden Steinformationen, den Seeanemonen und der immer wieder aufspritzenden Brandung gar nicht wieder trennen! Aber wir wollten ja noch mehr sehen und die Straße Richtung Apollo Bay führte tatsächlich weiterhin direkt am Meer entlang, sodass ich vor Begeisterung buchstäblich aus dem Seitenfenster hing. Ein Strandabschnitt folgte dem nächsten, nach jeder Kurve gab es einen neuen, tollen Ausblick, teils garniert mit den tollkühnen Surfern. Wow!
Apollo Bay entpuppte sich als ein hübscher, kleiner Küstenort mit einer enorm umfangreichen Touristeninfo und schön gelegenen, kleinen Hafen, auf dessen Mole wir einmal natürlich entlang laufen mussten. Lustig, trotz des klaren Verbotsschilds, dass man die großen Findlinge, die zum Schutz gegen die Gezeiten an der Seeseite zu einer Mauer aufgetürmt worden waren, nicht besteigen durfte, standen jede Menge Angler genau auf diesen Steinen und frönten ihrem Hobby. Im nahegelegenen Fishermen’s Co-Op, von wo man ebenfalls einen tollen Blick auf den Hafen hatte, bestellten wir Fish & Chips für 2. Superlecker!
Außerdem bot der Ort uns noch was, worauf wir nach zwei Tagen auf free Campingplätzen schon wieder ganz scharf waren: eine warme Gratis-Dusche, die findige traveller in unserer vielgenutzten App „WikiCamp“ eingetragen hatten. Lag praktischerweise direkt hinter dem Fishermen’s Co-Op. Nicht so praktisch hingegen, dass Dusche und Toilette sich in einem Raum befanden und man diesen auch nicht abschließen konnte. Aber keiner schien sich gerade um dieses Toiletten-/Duschhäuschen (außer uns) zu scheren, also ran an die Handtücher. Tja. Als ich dann mit Handtuchturban auf dem Kopf und deutlich erfrischt aus der Dusche kam, blickte ich in die Gesichter von fünf oder sechs Wartenden, zumeist Asiaten, die ganz offensichtlich ein dringendes Bedürfnis plagte. Uff, uff, nicht mein Lieblingszenario, ganz sicher nicht!
Tatsächlich hatte unser „Handtuch werfen“ auf dem campground funktioniert – nicht nur der Pavillion stand noch, auch der Platz daneben, wo Walter geparkt hatte, war noch frei. Dies war aber auch unseren direkten Nachbarn zu verdanken, einer fünfköpfigen Familie, deren wirklich wohlerzogene Kinder im Alter zwischen drei und acht Jahren mir schon am Abend vorher aufgefallen waren. Nicht nur deren Zelte waren mit australischen Flaggen geschmückt – der ganze Campingplatz war in Feststimmung. Überall brannten Feuer, die Barbecues liefen auf Hochtouren und es wurde gesungen, Gitarre gespielt und gelacht. Australia Day, hooray! Bestimmt nicht die ruhigste Nacht, die wir im Dachzelt verbracht haben, aber es war auch einfach schön, diese Stimmung mitzuerleben.
Der Programmpunkt für den nächsten Tag war so ungefähr das Gegenteil von Apollo Bay & Co. – wir wollten nämlich hoch hinaus und über den Baumwipfeln spazieren! Locals & Reiseführer hatten übereinstimmend den Otway Fly TreeTop Walk als lohnenswert eingestuft, also wagten wir uns auf die (für meinen Geschmack) seeeehr schmale und viel zu befahrene Straße dorthin, legten 50 $ Eintrittsgeld auf den Tisch und wanderten los.
Der Otway Fly TreeTop Walk ist ca. 600m lang und liegt bis zu 30m über dem Boden, der Aussichtsturm hat eine Höhe von 47m. Ich hatte mir vorab Holzbrücken zwischen den Bäumen vorgestellt, wäre irgendwie schön natürlich gewesen, aber das ging im „safety first“ Land Australien natürlich nicht – nein, massive Stahlbrücken mit enormen Drahtseilen zur Befestigung spannten sich von einer Plattform zur nächsten. Trotzdem wohl nichts für Menschen mit Höhenangst.
Die Attraktion bot auch Ziplining an, aber da Thomas und ich beide sowas schon in Asien gemacht hatten (er auf den Philippinen, ich in Thailand), für einen schmalen Taler, blieben wir bei der TreeTop-Erfahrung und sparten so natürlich ganz schön was ein. Der Eintrittspreis war schon hoch genug, ehrlich gesagt. Und es war auch so ein Erlebnis, hoch über dem Erdboden über die schmalen Brücken zu gehen, den Wendeltreppen-Turm zu erklimmen und sich auf den „cantilever“ zu wagen, einem freischwingenden Brückenende, bei dem so einigen Besuchern unwohl wurde.
Thomas und ich hatten mit der Höhe keine Probleme, auch wenn ich immer wieder vor meinem inneren Auge mein Handy durch einen Moment Unaufmerksamkeit nach unten segeln sah – das wäre aber sowas von weg gewesen. Nunja, wenn man sich der Gefahr bewusst ist, passiert schon mal viel weniger, und Thomas konnte seine Kamera mit dem knallgelben Gurt sogar an seinem Arm festmachen. Somit stand der Fotosafari nichts entgegen!
Von der versprochenen Fauna (in den Beschreibungen war von verschiedenen Vogelarten, Baumgleitern und fleischfressenden Schnecken die Rede) war leider nix zu sehen, aber die teils 100m hohen Bäume, Riesenfarne und Bewuchse waren für sich auch sehr interessant. Diverse Hinweisschilder versorgten uns mit Infos, zum Beispiel über eben jene Mountain Ash, diese enorm hohen Eukalyptus-Bäume mit dem extrem glatten Stamm. Auch die Konstruktion der Brücken unter Berücksichtigung der Bäume beschäftigte uns (und besonders den Ingenieur) ganz gut. Die Betreiber des TreeTop Walks hier am Great Otway Nationalpark rühmen sich auch damit, dass dies der Längste und Höchste seiner Art wäre. Hmmh. Kann natürlich sein, aber macht sich auch ganz gut im Werbeprospekt.
Unser aktueller Campground, der außer 2 Plumpsklos, über die man lieber den Mantel des Schweigens breitet, nichts zu bieten hatte, hielt uns aber jetzt, nachdem wir mit dem TreeTop Walk fertig waren, weiterhin beschäftigt. Das Duschproblem hatten wir am Tag zuvor einmal gelöst, blieb das Thema, unseren fast leeren Trinkwasserkanister aufzufüllen. Die allwissende App versagte, die Mitarbeiter vom TreeTop Walk konnten oder wollten uns nicht helfen und schickten uns zu einem Pub, wo man uns auch nicht helfen konnte (Trinkwasser war generell knapp und wir sicherlich auch nicht die ersten Camper mit diesem Anliegen). Stattdessen gab es als Hilfsangebot – helfen wollen sie einem ja irgendwie immer, die Australier – eine sehr vage Wegbeschreibung einer Quelle in der Nähe eines Wasserfalls. Okay, sind wir also losgefahren, um da unser Glück zu versuchen. Nee, weit und breit keine Quelle, dafür aber einige wildcampende (!) Australier. Thomas ist einfach mal zu denen, um sie nach der Quelle zu fragen, und was passiert? Die Gruppe wollte am nächsten Morgen sowieso abreisen und schenkte uns ihr überschüssiges Trinkwasser. Da bleibt einem doch der Mund offenstehen… no worries, oh yeah!
Zurück auf dem Campground schien es noch voller geworden zu sein, aber unser Platz war auf wundersame Weise wieder für uns frei geblieben. Ein Pärchen mit zwei Teenies und großem Hund hatte sich zwar mit ihrem Zelt noch irgendwie dazwischen gequetscht, sie hatten aber gesagt bekommen, dass daneben eben belegt wäre und sich tatsächlich daran gehalten.
Trotzdem parkten wir nach einer Weile nochmal um und tauschten Pavillion und Walter miteinander, weil nämlich Mister Neuangekommen mit großer Energie ein wirklich riesiges Lagerfeuer vorbereitete – da schien etwas Sicherheitsabstand zum Dachzelt doch eine ganz gute Idee zu sein… Die vier Zeltnachbarn waren recht temperamentvoll, aber sehr nett, und luden uns später auch ein, uns mit an ihren Scheiterh… äh, ans Lagerfeuer zu setzen, dessen Funkenflug sich zum Glück doch in Grenzen hielt. Wir bekamen sogar S’Mores serviert, diesen eigentlich amerikanischen Lagerfeuerklassiker aus Grahamkeksen, Schokolade und Marshmallows. Sehr klebrig, sehr süß (ich hatte zudem die pinke Variante erwischt), aber wirklich lecker!
Ich schloß dann auch Freundschaft mit Taiga, der weißen Schäferhundhündin, die nicht nur wunderschön, sondern auch echt gut erzogen war und aufs Wort gehorchte. Sie liebte es, ihren fürchterlich abgeschlabberten Tennisball zu apportieren und war sehr anhänglich, wenn man den für sie warf. Habe ich tapfer, trotz Hundesabber an den Fingern, gemacht. Ich bin gar bekanntermaßen gar nicht so hundeaffin, aber die war schon toll, die Taiga.
Song der Stunde: Pogo Pops – On top of the world