30. – 31. Januar 2019
Von den Kängurus (und anständigen Duschen *zwinker*) auf dem Campingplatz in Princetown war es tatschlich nicht mehr weit zu DER Hauptattraktion der Great Ocean Road. Wir befanden uns mittlerweile auf dem Abschnitt der Küstenstraße, der den tiefblickenden Spitznamen „Shipwreck Coast“ trägt und auf diese Sehenswürdigkeit hatte ich mich ganz besonders gefreut.
Nach dem Uluru (oder auch Ayers Rock) sollen sie die meistfotografierte Touristenattraktion auf dem gesamten Kontinent sein, auch wenn mir nicht klar ist, wie man um Himmels willen sowas messen kann. Auf jeden Fall waren die „Bibelbrüder“ ganz schön beliebt. Ein Riesenparkplatz, wo Walter gerade noch ein Plätzchen fand, jede Menge Reisebusse und haufenweise Asiaten bgrüßten uns vor Ort. Uijui, da hatte ich mir ja wieder was richtig Populäres ausgesucht… Das Gelände drumherum ist glückicherweise sehr großzügig angelegt, sodass sich die Massen doch ganz gut verliefen.
Die charakteristischen Felsformationen, die an der „Shipwreck Coast“ in guter Gesellschaft sind – es gibt da noch eine ganze Reihe weiterer eindrucksvoller Erosionsüberbleibsel auf der Strecke nach Warnambool – waren in der 1. Hälfte des 20. Jahrhundert noch als „The Sow and Pigs“ bekannt, doch dann wandelte sich das zu „Twelve Apostles“. Dabei waren schon damals nur noch 9 der Felsformationen übrig. Ein weiterer „Apostel“ hat seitdem den Dienst quittiert, und trotzdem ist der Name unverändert geblieben.
Das kann man sich vorher alles hübsch im Internet anlesen und die zugehörigen Bilder bestaunen. Auf das Erlebnis, dann selbst auf der Aussichtsplattform zu stehen, den Wind im Gesicht zu spüren und die Apostel dann meerumtost vor sich liegen zu sehen, kann einen die Recherche in keinster Weise vorbereiten. Auch heimische Felsen wie die Kreidefelsen von Rügen oder die „Lange Anna“ sind einfach kein Vergleich mit den „Bibelbrüdern“, auch wenn es mir schwerfällt, hierfür passende Worte zu finden. Es ist einfach unfassbar beeindruckend und zeigt die enorme Kraft des Meeres sowie des unermüdlich wirkenden Wassers in Verbindung mit dem Kalkstein.
Ich muss an dieser Stelle erneut hervorheben, wie gut die Australier ihre Sehenswürdigkeiten in Szene zu setzen vermögen – bequeme, breite und gut gesicherte Holzstege (an deren Anfang mal wieder die übliche Schlangenwarnung stand. Bah!) führten zu mehreren, geschickt platzierter Aussichtsplattformen, von denen man immer wieder neue und interessante Blicke auf die 12 (bzw. 8) Apostel hatte. Trotzdem war ich nach einer Weile von den asiatischen Reisegruppen etwas genervt, die einfach ihre ganz eigene Art haben und für mich immer ein bisschen rücksichtslos sind. Ich sollte es mir abgewöhnen, mich um das chinesische Neujahr herum in diesem Teil der Welt aufzuhalten – in Südostasien hatte 2 Jahre zuvor ganz ähnliche Probleme gegeben.
Trotzdem hatten wir ausgiebig Gelegenheit, die Felssäulen und uns im Bild festzuhalten. Soll ja auch weiterhin die zweitmeist fotografierte Sehenswürdigkeit in Australien bleiben! Und Spaß machte es außerdem.
Auch wenn es mir wieder schwerfiel, mich von dieser fantastischen Aussicht zu trennen, aber es warteten ja noch weitere Lookouts entlang der Straße auf uns. Also ab in den Walter und gefühlt nen halben Meter weitergerollt, zum „Razorback“. Hinter diesem martialischen Namen verbarg sich eine eindrucksvolle, freistehende und langgestreckte Klippe mit einer interessanten Kante. Wieder faszinierte mich am meisten die „Waschmaschine“, wie ich die tobende Brandung um die Felsformation getauft hatte.
Auf einem Pfad, der uns weiter in Richtung Westen führte, lernten wir anhand von mehreren Schildern auch mehr darüber, warum diese Küste „Shipwreck Coast“ hieß. Die Geographie der Gegend hatte früher schwer gemacht, hier Leuchttürme zu errichten; gleichzeitig verlief hier aber eine wichtige Versorgungslinie für Victoria und New South Wales. Die raue See, Nebel und die abweisende Küstenlinie sorgte bis 1914 für zahlreiche Schiffsunglücke. Auf dem Abschnitt, auf dem wir uns befanden, sollen 80 Wracks liegen, das bekannteste davon ist die Loch Ard, die 1878 in der nach ihr benannten Schlucht verunglückte – nur 2 der 52 Passagiere überlebten. Jene Schlucht („Gorge“) lag am Ende des Weges direkt unter uns. Puh, echt jetzt, die steile Treppe sollte ich runter? Und schon wieder so viele Menschen! Im ersten Moment drohte die Faulheit zu siegen, aber nach kurzem Zögern bin ich dann doch mit hinabgestiegen. Im Nachhinein, gut so, denn mit den bloßen Füßen im Sand zu stehen und die heranrauschende Brandung hautnah zu erleben allein war die Anstrengung schon wert gewesen. Die Tropfstein-Formationen am Ende des Strandes faszinierten Thomas mehr als mich.
Zurück auf dem Campingplatz genossen wir bei dem üblichen Topf Pasta einen weiteren Abend Plätze in der ersten Reihe bei der großen Kangaroo-Show und stellten fest, dass die Tiere nicht nur uns Ausländer faszinierten. Ein nettes, australisches Pärchen samt ihrer Mutter sahen den Viecher ebenfalls gebannt zu. Wir kamen ins Gespräch und schnackten locker übers Reisen. Sie war ganz besorgt, ob wir denn auch unsere volle Ladung autralischer Tiere bekamen. „Have you seen Koalas yet?“ Ich versicherte ihr, haben wir reichlich gesehen und jetzt reichlich Kängurus, sodass wir ihren Tipp, zum Bimbi Koala Park zu fahren, nicht beherzigen mussten.
Aber dafür war ein anderes Thema zu vorherrschend in den Nächten: Der Wind. Das Princetown Recreation Reserve lag tatsächlich nur durch eine Düne getrennt vom Meer und es hat in den vergangenen Tagen stark geweht (man sieht es auch auf den Fotos). Der Walter stand in der Ecke des Campgrounds relativ ungeschützt und so blies es uns besonders nachts ganz schön um die Ohren. Ergebnis: Ich konnte kaum schlafen bei dem Gewackel und Gezuppel, auch in ständiger Sorge, irgendwas könne wegfliegen. Damn it.
Entsprechend unausgeschlafen startete ich in den nächsten Tag. Eigentlich wollte Thomas gern den nahegelegenen 4WD-Pfad zu einem geheimen Strand ausprobieren, aber leider stellten wir erst nach dem vorschriftsmäßigen Luftablassen aller Reifen fest, dass der Pfad gesperrt war. Zu Fuß war die Sache für mich ohne die notwendige Mütze Schlaf tatsächlich sehr anstrengend an diesem Tag. Ich war ehrlich gesagt echt fertig mit der Welt – also Smartphones raus, Recherchemaschine an und für die kommende Nacht ein Hotelzimmer in Warnambool gebucht. Uff ja, ein richtiges Bett und vor allem ein Zimmer war genau das, was ich brauchte.
Auf dem Weg dahin lagen aber noch diverse Highlights der Great Ocean Road, die wir natürlich trotzdem nicht auslassen wollten, allen voran natürlich der London Arch. Bis 1990 hieß diese Formation London Bridge, da der Bogen bis zur Küste reichte – dann schlug die immerwährende Erosion zu und ein Teil des Bogens stürzte ein. So überraschend, dass zwei Touristen auf dem nun vom Land getrennten Felsen von dort gerettet werden mussten.
Weitere Lookouts waren The Arch, The Grotto, Bay of Martyrs und noch so einige andere. Jeder für sich spektakulär und doch lässt dann die Faszination irgendwann nach, vor allem bei schlechter Tagesform, wie es bei mir der Fall war. So setzten wir dann doch irgendwann den Kurs auf Warnambool, checkten in das Hotel The Cally ein (einfaches Doppelzimmer mit Dusche/WC auf dem Gang, aber dennoch … ein Zimmer!) und genossen noch ein gewohnt leckeres und günstiges Abendessen bei unseren Freunden von Domino’s.
Und dann eine völlig windstille Nacht. Es kann so einfach sein, eine Schming glücklich zu machen…
Song der Stunde: Yellowcard – Ocean Avenue (acoustic)