Es ist unfassbar voll in dem Raum und natürlich – wir sind in Südostasien – heiß und drückend. Mit quälender Langsamkeit bewegt sich die Schlange vorwärts. Viele haben ihre Smartphones oder ein Buch rausgeholt, um die Wartezeit zu überbrücken. Wir stehen hier bestimmt schon 2 Stunden, aber die thailändischen Grenzbeamten hier in Poipet haben die Ruhe weg und lassen sich von den Massen (und das ist dort tatsächlich jeden Tag so) nicht beeindrucken. Es ist an sich schon eine dieser Situation beim Reisen, der man auch beim besten Willen nichts fürs Familienalbum abgewinnen kann.
Und Glückwunsch, Schming, um das Ganze noch ein bisschen interessanter zu gestalten, packt das Schicksal (bzw. irgendetwas in der kambodschanischen Küche) noch kräftig Magenprobleme oben drauf. Die hatten am Tag zuvor im Hostel begonnen, ungefähr eine Stunde nachdem ich im Hostel die Fahrt von Siem Reap über Poipet nach Koh Chang gebucht hatte (Kostenpunkt 18 US-Dollar)… ein Tag rumliegen und Ruhe bewahren hatte leider das Problem nicht gelöst und da stand ich also nun, in dieser Schlange, mit wirklich fiesen Magenkrämpfen und ohne Chance, mal eben kurz verschwinden zu können. Mann Mann Mann, da bin ich wirklich ins Schwitzen gekommen und das war auch eine Situation, in der es ein echter Nachteil war, alleine unterwegs zu sein.
Der Grenzübergang markierte außerdem den recht langwierigen Wechsel von einem (sehr antiquierten) Reisebus ohne Toilette in einen Minibus für die mit dem typischen handgeschriebenen Aufkleber “KC“ auf der Brust – wiedermal ging die ganze, neunstündige Reise samt Grenzübergang lediglich mit dem Sticker. Tickets? Pah, für Anfänger und besorgte Europäer. Genauso die Personenanzahl in besagtem Minivan: “Es kommen noch drei Personen.“ wurde uns beim Warten auf die Abfahrt in Poipet gesagt, “die hatten Schwierigkeiten mit ihrem Visum.“ Wir, die schon im Bus saßen, fragten uns nach einem ratlosen Blick in die Runde ernsthaft, wo die bitteschön noch sitzen sollten. Dann kamen die Fehlenden – und brachten noch zwei Kinder mit. Na klar, no worries!
Die Fahrt verschlief ich tatsächlich größtenteils, nach Essen war mir merkwürdigerweise nicht, sondern ich hielt mich an Wasser und Cola sowie ein paar Cracker. Als der Minibus nach laaanger Fahrt (so ca. 9 Stunden) und Gott sei Dank ausreichend Pausen am Fähranleger stoppte und ich den Ozean im Abendlicht sah, waren die Anstrengungen der Reise auf einmal vergessen. Deswegen wollte ich doch nochmal zurück auf eine Insel, wegen dem Meer und dem einfach immer wieder unfassbaren Anblick der untergehenden Sonne.
Die 45-minütige Fährfahrt war schnell überstanden und auch die Diskussion mit dem TukTuk-Fahrer – nee, für die angeblichen 60 Baht kam hier keiner zu seinem Resort oder Hostel. 100 mussten es schon sein, auch zu meinem “Pajamas“, das mir die bewährte Online-Recherche ausgespuckt hatte. Dessen Beach House Style gefiel auf Anhieb, der Strand war zwei Minuten entfernt und es hatte einen traumhaft schönen Pool. Auch mein 8-Bett-Ladies‘-Dorm machte einen prima Eindruck, besonders, als ich mir mein Bett (mit Vorhang) selbst aussuchen durfte. Stichwort: Bottom bed und maximaler Abstand von der Tür.
Der berühmte Pferdefuß kam dann aber postwendend – die mittelalterliche Deutsch-Türkin, die sich im “Pajamas“ für länger einquartiert hatte, zersägte des Nachtens ganze Wälder und das in wirklich unvorstellbaren Frequenzen. Durch alle Ohrstöpsel und Kopfkissen hindruch. Und die komplette Woche, die ich im „Pajamas“ verbrachte. *Grrr* Ich hätte gern hier und da mal beim nächtlichen Sägen mit der Axt nachgeholfen. Soviel zur Erholung und sich gesund schlafen… Dabei hatte ich das tatsächlich dringend nötig, der Magen wollte und wollte sich nicht bessern. Es hatte zwar nicht die Heftigkeit von Koh Lanta, dafür ging es aber auch nicht weg!
Dabei hätte alles so schön sein können … am Tag nach mir kam mein travel buddy Tanner (der junge Amerikaner, der zur Siem-Reap-Gruppe gehört hatte) nach Koh Chang und hatte sich – was für ein unglaublicher Zufall – im selben Hostel eingemietet. Anfangs versuchte ich noch, mit ihm Plänen für einen Schnorchel-Ausflug zu machen, musste aber irgendwann einsehen, dass das nicht klappen würde. Immerhin haben wir bei Gesprächen viele Gemeinsamkeiten festgestellt – netter Bursche, der Tanner! Auch beim für ein Hostel wirklich tollen Frühstücksbüffett (sogar mit Waffeln) musste ich passen … mehr als trockener Toast ohne was drauf klappte irgendwie nicht.
Mir blieb nichts anderes übrig als irgendwie das Beste zu hoffen und draus zu machen, was kleine Strandausflüge zu Fuß und viel Chillen und Herumliegen im Hostel (supergemütliche Sitzkissen, Liegestühle und Hängematten!) bedeutete. Da Comfort Food keine Option war, tröstete ich mich mit Comfort Lektüre und ließ mir mithilfe von YouTube und dem richtig guten WLAN Harry Potter vorlesen. Nebenbei bemerkt: Das Bad im Meer brachte hier tatsächlich nicht die gewünschte Abkühlung… Badewannentemperaturen im Meer.
Nach fünf Tagen mit praktisch nix zu futtern, wenn auch literweise Wasser, und keiner Besserung musste ich mir eingestehen, dass etwas geschehen musste. Schritt 1: Besuch der Apotheke schräg gegenüber vom Hostel. Wenn das nichts Brauchbares ergab, musste ich wohl oder übel zu einem Arzt. Das sollte zwar dank meiner Auslandskrankenversicherung und der guten medizinischen Infrastruktur zwar kein Problem sein, aber Lust hatte ich nicht dazu.
Aber in der Apotheke erwartete mich eine junge Thai, die nach einer ausgiebigen Befragung inklusive Fieber messen (!) die Diagnose bakterielle Infektion stellte und mich mit dem passenden Antibiotika versorgte. Und siehe da: Bereits am nächsten Tag ging es mir schon deutlich besser und ich konnte mich wieder an festere Nahrung heranwagen. Nur – ticktack, ticktack – die Zeit lief mir davon, nur noch wenige Tage bis zum Ende des großen Abenteuers und meinem Rückflug nach Hamburg.
Sonntag sollte es bereits nach Bangkok gehen, also nutzte ich den Samstag – nach einem Frühstück, das endlich wieder in einem einigermaßen normalen Umfang stattfinden konnte – um mir 1) mit dem TukTuk noch ein bisschen was von der Insel anzusehen und 2) den bekannten Lonely Beach zu besuchen. Allerdings war es mal wieder bannig heiß, der Strand schmal und voll und der Schatten kaum vorhanden. Na ja, aber für mein letztes Mal Baden in Asien war mir tatsächlich so ziemlich alles Recht! Und das Schwimmen bei Badewannentemperaturen war jetzt auch nichts Neues.
Zurück im Hostel fand ich mich rasch in supernetter Gesellschaft wieder. Mit der quirligen Kirstie aus England, die auch bei mir im Dorm war, hatte ich schon die ganze Woche immer wieder geschnackt und meine Schnarch-bedingte Schlaflosigkeit kommentiert, jetzt lernte ich dazu noch Katrina aus Kanada und Helen, ebenfalls aus England kennen, ihres Zeichen alle drei ebenfalls Alleinreisende. Besonders mit Helen verließ ich in rasantem Tempo die übliche Smalltalk-Ebene.
Zuerst genossen wir am Strand beim Hostel einen fantastischen Sonnenuntergang – absolut gelungene Abschiedsshow, würde ich mal sagen! Dann schlug der Hunger durch (Hurra! Hunger!), also Aufbruch zu einem der zahlreichen Restaurants und lecker Thai-Food geordert. Eine Runde Fruitshakes bildete den krönenden Abschluss. Immer wieder wurde ich gefragt, ob ich denn traurig wäre, dass es jetzt für mich nach Hause ginge. Na ja, hmmh, irgendwie sowohl als auch – und letztendlich hatte ich es akzeptiert, dass es Anfang April eben in Hamburg für mich weitergehen würde. Das war einfach so. Und angesichts der erneuten Magenprobleme freute ich mich tatsächlich wieder auf Käsebrote & Co.
Helen traf ich sogar nochmal nächsten Morgen beim Frühstück, die Mädels wollten an dem Tag die besagte Schnorcheltour machen, die ich eigentlich auch auf dem Zettel gehabt hatte. Tja, aber ich stieg stattdessen mal wieder in einen ramponierten Minivan. Und kurz darauf verschwand Koh Chang hinter mir am Horizont. Mensch, Koh Chang, da wäre doch noch so viel mehr drin gewesen … glaub‘, ich muss nochmal wiederkommen!
Und dann wohn‘ ich wieder im “Pajamas“. Ganz bestimmt.
Song der Stunde: Bag Raiders – Way back home