Ich hätte tatsächlich noch locker eine weitere Woche in der Hängematte an „meinem“ Fluss liegenbleiben können, nur unterbrochen von Besuchen im Green Restaurant (unglaublich günstig, unglaublich lecker – das Panäng Curry war allerdings meine „Spicy“ Grenze, gerade noch essbar…) und dem einen oder anderen Fruchtshake. Ein beschauliches, entschleunigtes Leben, das durchaus seinen Reiz hatte.
Aber der Reisefuß juckte schon wieder und ich wollte absolut noch mehr sehen und andere Orte entdecken! Nicht zuletzt würde die Lektüre dieses Blog wohl recht langweilig werden, mit dem täglichen Bericht aus der Hängematte und den Updates, für welches Dinner ich mich entschieden hatte. Mangoshake oder doch lieber Ananas? Grünes Curry oder Pad Thai? Nicht Pulitzer-Preis-verdächtig (*zwinker* Hubi!)
Also, wohin als Nächstes? Die Wetterberichte aus dem Süden Thailands waren immer noch nicht so wirklich stabil (und die Schäden der Flut brauchten natürlich auch eine gewisse Zeit), das musste also noch warten. Tatsächlich dauerte es gar nicht so lange, wie ich dachte, mich zu entscheiden – das Angebot, mit dem so genannten Slow Boat nach Luang Prabang in Laos zu fahren und dabei zwei Tage auf dem Mekong zu verbringen, fand ich verflixt verlockend. Okay, Laos hatte bisher auf keiner meiner Ideenlisten gestanden und ich hatte buchstäblich keinen blassen Schimmer von Laos, aber wat soll’s? Going with the flow 😊
Man hätte den ganzen Trip wohl auch auf eigene Faust machen können, im Internet gab es einige Anleitungen, aber ich war faul und fand, die Aussicht, alles selbst finden zu müssen und beispielsweise in der Grenzstadt selbst eine Unterkunft ausfindig zu machen, rockte nicht so wirklich, nur um ein paar Euro zu sparen. Der Deal kam mir außerdem recht fair vor:
- Transport von Pai nach Chiang Mai (da waren sie wieder, die 762 Kurven) im Minivan
- Transport im Minivan von Chiang Mai nach Chiang Klong an der thailändisch-laotischen Grenze
- Übernachtung in Chiang Klong
- Frühstück
- Transport zur und über die Grenze und zum Boot
- Bootticket das Slow Boat (2 Tage)
Das Ganze kostete unter 47 Euro. Und ich hatte Glück, den buchstäblich letzten Platz im Bus am Montag zu bekommen. Allerdings nicht mit den etablierten AYA, sondern mit Terminal Green. Und von denen gab es Berichte im Netz, dass es vorgekommen ist, dass die Passagiere alle aus dem Bus gelockt wurden und in ihrer Abwesenheit das Gepäck nach Wertsachen durchsucht wurden. Aber ich sagte mir, dem ist ja einfach entgegenzuwirken, einfach alle Wertsachen bei sich behalten, meine dreckigen Socken können Sie ruhig mopsen.
Der Bus sollte um 14 Uhr losfahren. Schming being Schming – ich war natürlich schon um 13 Uhr da, mit Sack und Pack und Büffel. Eine ältere Dame (aber sehr sportlich-fit vom Typ her), die ebenfalls wartete, fiel mir sofort ins Auge, da ich gleich dachte, 1) oh, die ist mir sympathisch und 2) oh, die ist bestimmt deutsch. Ein schneller Blick auf ihre Lektüre bestätigte das, also schnackte ich sie direkt auf Deutsch an. Das Ergebnis: Wir unterhielten uns wunderbar während der gesamten Fahrt bis Chiang Mai, sodass es mir fast ein wenig Leid tat, dass ich weiterfuhr und sie blieb. Sie war ebenfalls alleine unterwegs und wirklich entspannt, denn obwohl man ihr ihren Rucksack geklaut hatte und ihr Tablet gerade die Hufe hochgerissen hatte (hier halfen leider auch meine manchmal sonst so magischen Hände nicht), war sie guter Dinge und freute sich auf ihren Kurs in thailändischer Heilmassage, die sie in Chiang Mai besuchen würde. Eine schöne Begegnung, die mir im Herzen bleiben wird. Liebe Gertrud, falls du das liest, ich hoffe, es geht dir gut! Deine Bermerkungen zum Thema, der Löwe kreist um sich selbst, sind mir im Kopf geblieben.
Zwischenstopp in Chiang Mai, Essen fassen und in den nächsten Minibus, der über Chiang Rai zur Grenzstadt Chiang Klong, fahren sollte. Und der war richtig voll. Ich war zwar schlau und stieg zuerst ein, sodass ich in der ersten Reihe ganz am Rand sitzen konnte, aber gegen die langbeinige Spanierin und ihre laute Partygang nutzte das wenig. Aber die Lady schaffte es, mich auf der sechsstündigen Fahrt so richtig zum Grummeln zu bringen – ja, okay, bei ihrer Körpergröße hätte ich auch Schwierigkeiten, meine Beine unterzubringen, aber meine Leistengegend war nun echt nicht der richtige Ort… In Chiang Rai wurde zwar ein Platz frei, sie verschwand, aber dafür kam ihr Buddy nach vorne und *zack* hatte ich seine Beine im Kreuz. Es war trotzdem irgendwie möglich, ein wenig zu pennen und „Ich bin dann mal weg“ auf dem iPad zu gucken.
Irgendwann um 0:30 Uhr hielten wir schließlich vor einem Hotel irgendwo im Nirgendwo, ein schlecht gelaunter Rezeptionist teilte uns mit, dass es für uns sechs Zwei-Bett-Zimmer gäbe (und noch so einiges anderes, in gebelltem Thai-Englisch). Ich die Lage blitzschnell überschlagen – zwei Pärchen, die beiden Spanierinnen, ihre drei Kumpels, ein Ukulele-spielender Holländer, James … Da war sie wieder, die SpicyThai-Connection! James kannte ich zumindest flüchtig vom schon oft genannten Hostel in Chiang Mai, er war auch ein Freund von Davina. Wenn schon kein Mädel fürs Roomsharing zur Verfügung stand…. Die Nacht war aber sowieso kurz, da wir um 07:30 Uhr schon wieder abgeholt wurden. Die Duschen lieferten nur kaltes Wasser, aber immerhin, die Betten waren gut und James hat auch nicht geschnarcht.
In einem anderen Hotel sollte es Frühstück geben. Dort wartete bereits eine weitere große Gruppe potentieller Slowboatfahrer hungrig und starrte verdrossen die bereitgestellten Bananen an. Plötzlich tauchte unser Minivanfahrer mit einem Teller Omelett und Toast auf und drückte ihn ausgerechnet mir in die Hand. Wie im Film – der ganze Raum drehte sich geschlossen zu mir um … uijuijui, die hungrigen Blicke sprachen Bände! Aber es dauerte nicht lange und mehr Teller wurden verteilt.
Meine Minivangruppe musste noch weiter zusammenbleiben, da man uns praktischerweise nur ein Ticket für die 10 Slow Boat Fahrer gegeben hatte. Also versuchten wir geschlossen einen Transport zur Grenze zu kriegen – mit diesen Spaniern natürlich ein Ding der Unmöglichkeit. Das bedeutete, nach der problemlosen Ausreise aus Thailand erstmal warten auf die sorglosen Südländer – die irgendwie so gar keinen Plan hatten. Wie, wir müssen bei der Einreise nach Laos was bezahlen?? Oh, wir brauchen ein Passfoto für das Visum? … (No words)
Die gesamte Meute füllte die notwendigen Papiere aus und stellte sich für das Visa-on-Arrival an. Vor mir in der Schlange waren Conner und Ali aus Seattle, die mich neugierig anquatschten. Supernett, die beiden, und endlich auch mal wieder welche, mit denen man sich über mehr als nur über „Woher kommst du? Wohin gehst Du? Wie lange bist du unterwegs?“ unterhalten konnte. Der Grenzbeamte nahm meinen Pass und reichte ihn an seine Kollegin zwecks Visareinkleben am Schalter daneben – das hieß, jetzt müsste jeder warten, bis sie den eigenen Pass im Glasfenster hochhob und den entsprechenden Dollarbetrag entrichten. Nicht deutlich wurde mir, warum der Betrag je nach Herkunftsland differierte – Kontinetaleuropäer wie ich zahlten 30 $, Briten und Amerikaner 35 $ und Kanadier sogar 42 $. Ha, dachte ich, mal auf der Gewinnerseite, als ich der Dame die Dollarscheine hinschob, und machte kein sehr intelligentes Gesicht, als ich die postwendend wieder zurückbekam. „Too old!“ …? Oh, ja, die Scheinchen waren möglicherweise noch vom Floridaurlaub 2000 übrig geblieben… Aber jetzt erfuhr ich, dass es unter Reisenden Solidarität gibt – Conner und Ali versicherten mir, dass die Scheine in den USA noch gültig wären und tauschten mir meine Oldies in aktuelle Scheine = geglückte Einreise nach Laos.
Wir wurden direkt in den nächsten Bus gesteckt und ab zum Boot bzw. vorher noch Verpflegung eingesackt. Leider waren wir aufgrund der Warterei irgendwie die Letzten, die aufs Boot kamen, das genauso aussah, wie ich es mir vorgestellt hatte – lang, aus Holz, und so ein bisschen aus dem letzten Jahrhundert, mit zahlreichen lose reingestellten Sitzreihen aus alten Bussen und Flugzeugen. Aber absolut seetüchtig. Ich fackelte gar nicht lange, sondern setzte mich gleich nach hinten, hinter die gewaltige Maschine und den Gepäckberg. Es war extrem extrem voll. Zwischen den vielen Farangs (so nennt man uns westliche Langnasen wohl hier) saßen auch einige Einheimische. Mir gegenüber eine Großmutter mit ihrem vielleicht dreijährigen Enkel – unfassbar, wie ruhig der die 7 Stunden Fahrt an dem Tag war! kein Mucks, kein Quengeln, kein Nix, der saß bei Oma und wartete geduldig. In Europa undenkbar.
Für einige Aufregung sorgte dann noch die ca. 50 jährige Mutti einer dreiköpfigen, reisenden Familie (indisch aussehend, aber offenbar aus Grossbritannien), die die offen Bodenbretter zur Gepäckverstauung übersah und direkt in das Loch stürzte… Uijuijui, ich war zunächst 100% sicher, dass wir nun einen Krankenwagen brauchen würden, da sie starke Schmerzen hatte und sich nicht bewegen konnte. Aber nachdem der erste Schock abgeklungen war, schafften Ehe- und Sohnemann es, sie hochzuhieven und sie verbrachte die Fahrt liegend und zunehmend in besserer Verfassung.
Jemand warf schließlich die Maschine an zum Ablegen. Und hier war ich dann doch kurz besorgt, da das gute Stück neben einem unfassbaren Lärmpegel auch jede Menge Rauch produzierte. Der zuständige Laote versicherte uns aber, dass das nicht so bleiben würde. „Only 5 minutes, 5 minutes!“ Es wurde tatsächlich besser, als wir eine Weile auf dem Mekong unterwegs waren, aber dennoch war der Lärm und die Geruchsentwicklung an meinem Platz enorm … Dass die Raucher auch noch unseren Bereich für ihre zahlreichen Zigis nutzten, verbesserte die Luftqualität auch nicht gerade… Aber ich saß direkt an einem (glaslosen) Fenster und steckte das Näschen immer wieder raus, auch um die wunderschöne Landschaft vorbeiziehen zu sehen Es war ein großartiger Tag für eine Bootsfahrt und ich dementsprechend entschlossen, das Ganze zu genießen!
Die Zeit verging mit Lesen (Michael Grants „Gone“-Serie hielt mich weiterhin im Bann; ein echter Tipp für alle mit einem Hang zu Fantasy-Jugendbüchern à la „The Hunger Games“), Dösen und Landschaft gucken ganz gut. Dann sprach Mao (sp?)mich an, Argentinier und ein „Ich schnack‘ mit jedem“ Typ, echt ein Energiebündel, der auf Mallorca als Koch arbeitete. sein English war holprig, aber wir verstanden uns und verstanden uns gut. Nur bei dem Thema Fußball winkte er ab und murmelte nur „Götze“- tja, da hatten wir Germans in den letzten zehn Jahren aber auch gleich mehrfach das bessere Ende für uns… Dank Mao lernte ich die Schwestern Michaela und Sandra vom Bodensee, Eulalie aus Frankreich und Martin und Daniel, ebenfalls aus Argentinien kennen, und schwups – war eine lustige und hart umkämpfte Uno-Runde auf dem Achterdeck in Gange.
Nach vielen Zwischenstopps für die Einheimischen (die dabei teils knietief durchs Wasser waten mussten) stiegen wir in Pakbang aus und waren der örtlichen TukTuk- und Guesthouse-Mafia hilflos ausgeliefert… Mao brachte mich und die Schwestern sowie seine Argentinos in irgendeinem Guesthouse für einen okay klingenden Preis unter. nicht, dass ich nach einem halben Tag schon ein Gefühl für das laotische Geld hatte! Egal, ich war ganz froh, dass wir da zusammen unterkamen und ein 3-Bett-Zimmer mit den Mädels war doch eine gute Idee. So besonders dolle war die Herberge natürlich nicht, aber war ja nur für eine Nacht. Dann Dinner im Ort und ein Absacker in der Happy Bar, die ganz offenbar – wie komplett Pakbang – vom Slow Boat lebte. Jedenfalls trafen wir dort viele Gesichter vom Tag wieder. Ich konnte ein paar schöne Gespräche mit anderen Reisenden führen, die nicht nur Party und Alkohol auf ihrer Liste haben, das war toll. U.a. Mit Kira (sp?) aus Irland und Richard aus England, dessen Frau auf dem Boot so unglücklich gestürzt war.
Dummerweise hatten wir uns von der Guesthouse-Muddi zu Frühstück und Sandwiches für die Fahrt überreden lassen. Zum einen hätte es genug auf dem Weg zu kaufen gegeben, zum anderen waren wir so wieder den berühmten Tick später am Boot, sodass wir wieder recht weit hinten saßen. Trotzdem ging der zweite Tag auf dem Mekong gefühlt viel schneller rum, dabei waren es doch knappe acht – relativ ereignislose – Stunden. Viel Zeit zum Lesen und Rausgucken.
Das Boot hält seit einiger Zeit nicht mehr direkt in Luang Prabang, sondern ca. 10 Kilometer außerhalb – und ganz zufällig steht auch die TukTuk-Flotte schon bereit. Unumgängliche 20.000 Kip (ca. 2,26 €) für jeden, ganz schön geschäftstüchtig, diese Laoten! Michaela, Sandra und ich trafen bei unserer Suche nach einem Guesthouse zumindest für die erste Nacht Eulalie, die im Gegensaz zu uns einen Plan bzw. Tipps hatte, also hingen wir uns einfach dran. im selben Guesthouse klappte es zwar nicht, aber in derselben Straße (immerhin, denn die Stadt schien tatsächlich – auch wegen dem anstehenden Chinesischen Neujahr am 28.01. – voll zu sein). The sisters und ich buchten ein 3-Bett-Zimmer, mit schneller Gewissheit, dass es dort nur bei einer Nacht bleiben würde. Fürchterliche Betten und ein Bad aus dem Horrorkabinett.
Einen ersten Eindruck von der laotischen Stadt bekamen wir, als wir uns mit Eulalie zum Dinner trafen. Sehr lang wurde der Abend allerdings nicht – alle waren müde. Selbst den Nachtmarkt konnten wir nicht mehr richtig würdigen.
Song der Stunde: Morcheeba – Enjoy the Ride