24. – 25. Januar 2019
4 Tage beim Boolarra Comunity Hotel & Pub waren bei aller Dankbarkeit, dass wir gerade hier gestrandet waren, dann doch genug, thank you very much. So war der Anruf von Repco „Your Roof Rack Fitting Kit is ready for pickup“ doch erlösend. Hurra, es konnte weiter gehen … praktisch fast sofort.
Thomas holte den Kram fix ab, wir bastelten gemeinsam, er fluchte und überlegte – und fuhr dann nochmal los, um das Ganze gegen die längere Variante umzutauschen. Zum Glück war das problemlos möglich, „no worries“.
Aber ein paar Fragezeichen hatte ich noch. Weder ein Uwe noch ein David (der war mit Yvonne bereits abgereist, nicht ohne Thomas Kontaktdaten für eine potenzielle Übernachtung auf seinem Rückweg zu geben) waren greifbar, wer also würde das Dachzelt wieder auf den Walter stemmen? Ich konnte es zusammen mit Thomas zwar tragen, aber war dann doch zu schwach, um es in die Höhe, aufs Autodach, zu stemmen.
Aber es waren wieder unnötige Sorgen, am Hotel wurde auch schon seit Tagen fleißig gearbeitet, da haben wir schnippschnapp gleich zwei Helfer rekrutiert, die unser Penthouse im Nullkommanichts in die Höhe, auf den vorgesehenen Platz, befördert haben. Muttern ordentlich festgezogen, fertig. Und – langsam erkenne ich hier ein Schema – natürlich haben uns die beiden Aussies direkt noch ein paar Tipps für Campingplätze und die Great Ocean Road mit auf den Weg gegeben. „Don’t camp there wherever you feel like it. They will fine you down there.“ Wieso gibt es eigentlich überhaupt Reiseführer für dieses Land? Man erfährt auch so alles, was man wissen muss, von den locals. Just ask, mate, no worries, ey?
Weiter ging der Weg nach Westen. Ein bisschen Strecke schafften wir schon noch, bevor wir zum Bass Valley Campground abbogen, wieder ein Platz für lau, wo auch schon einiges los war. Aber das war auch noch ein schönes Plätzchen für uns, mit Blick auf eine Herde grasender Kängurus im Abendlicht auf dem Feld gegenüber und zutrauliche Rosellas (zu deutsch Pennantsittiche) nahmen direkt neben uns parallel das Abendessen ein. Nur die wirklich extrem nervigen kleinen Flatterviecher (vermutlich drain flies), die im Nu das ganze Auto und uns bevölkerten machten uns das Leben schwer. Immerhin stachen sie nicht.
Abends kam nochmal Besuch: Die Freiwillige Feuerwehr schaute vorbei, denn am nächsten Tag waren 42 Grad für Melbourne und Umland vorgesagt. Grund genug, einen totalen fireban auszurufen. Die beiden älteren volunteers gingen deswegen von Campervan zu Motorhome und verteilten Infomaterial zum Thema „Do’s and Dont’s“ bei fireban. Unser Gaskocher war allerdings kein Problem. Interessant, was hier für ein Aufwand getrieben wird, damit jeder Bescheid weiß! Bushfire sind auch ein echtes Problem – die kaum einzudämmende Feuersbrunst im März 2018 hatte ja auch in Europa für Schlagzeilen gesorgt. So oder so, mal wieder tipptopp organisiert, dieses Land!
Der Air-Condition-lose Walter und wir flüchteten am nächsten Tag dementsprechend vor der drückenden Hitze einfach mal nach drinnen. Den alten Herrn stellten wir auf einen hart erkämpften Platz im Parkdeck eines Malls nahe Melbourne ab, in welchem wir dann Zuflucht und Erfrischung suchten. Nach einigen Besorgungen war ich – mal wieder (siehe Phuket 2017) – noch auf der Suche nach einem Optiker.
Ich und meine Brillen, ein ewiges Thema. Bereits auf Bribie-Island hatte ich die Brillenpads meiner Thailand-Brille verloren, die aufgrund diverser unglücklicher, … äh, Zufälle leider recht locker saßen. Dadurch saß die Brille natürlich sehr tief auf meiner Nase, also – haha, ich habe dazugelernt! – war ich auf meine Ersatzbrille gewechselt. Tja, doch die hatte es am Tag zuvor beim Abbau des Pavillion dank eines stark windbeschleunigten Abspannseils zerbröselt (ein Glas komplett durch. Vielleicht ist es doch mal Zeit, von den randlosen Brillen weg zu gehen). Dementsprechend wollte ich für Brille 1 neue Pads, damit diese wieder tragbar wurde.
Also liefen wir in den erstbesten Optikerladen rein, der uns ins Auge fiel, nichtsahnend, was für eine denkwürdige Begegnung uns bevorstand. Die Optikerin sagte zunächst, sie könne nicht helfen, sah uns dann aber nochhmal an, fand uns wohl sympathisch und zauberte plötzlich doch passende Pads hervor, die sie nicht nur für lau montierte, sondern gab mir noch Ersatzpads mit. Als sie mitbekam, dass wir aus Deutschland kamen, erzählte sie uns sichtlich bewegt, dass ihr Vater aus Wien stammt und von dort mit seiner Mutter fliehen musste, weil sie Juden waren. Sie und ihre Mutter waren vor einigen Jahren sogar in die österreichischen Hauptstadt gereist, um auf Spurensuche zu gehen (ihr Vater war emotional nicht in der Lage) – und musste feststellen, dass die österreichischen Behörden jegliche Spuren verwischt hatten, indem sämtliche Straßennamen geändert worden waren. Somit konnten keinerlei Ansprüche im Nachhinein gestellt werden oder ähnliches. Puh, das ging mir ganz schön an die Nieren. Dass mich hier, östlich von Melbourne, dieser dunkle Teil der europäischen Geschichte einholen würde, hatte ich nicht erwartet, kam aber tatsächlich danach noch öfter vor.
Melbourne ließen wir erstmal links liegen und fuhren auf einer enormen, mehrspurigen Brücke über die Metropole hinweg, denn jetzt war sie ganz nah: Die Great Ocean Road.
Diese ist 243 Kilometer lang, verläuft zwischen Torquay (im Osten) und Allasford (im Westen) und gehört mit seinen Highlights wie den 12 Aposteln und der London Bridge tatsächlich zu den bekanntesten Küstenstraßen der Welt. Wir fingen zur schon vorgeschrittenen Stunde im Surferparadies Torquay an und mussten dementsprechend auch langsam gucken, wo wir das Nachtlager aufschlagen konnten. Einen kurzen Blick gönnten wir uns aber doch auf den mal wieder brausenden Ozean unter verhangenem Himmel. Sah vielversprechend aus, diese Great Ocean Road!
Im Regen (? oder wie heißt dieses nasse Zeuch, was da vom Himmel kam?) begann dann die Suche nach dem Quartiert, nochmal erschwert durch die Tatsache, dass es das „Australia Day“- Wochenende war. Der 26. Januar ist Nationalfeiertag, an diesem Tag landete 1788 die First Fleet in der Nähe von Sydney und begann die Besiedlung dieses einzigartigen Kontinents. Fiel dieses Jahr auf einen Samstag mit dem Ergebnis, dass der Montag automatisch frei war. Mit dem Ergebnis, dass halb Australien ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Campen, nachging und bei unserer ersten Anlaufstelle tatsächlich schon die Straße raufstand. Uff, nee… Der nächste Versuch war dann der Stevensons Falls Campground, der mit extensiver Größe und einem Wasserfall in unmittelbarer Nähe punktete, aber auch schon sehr, sehr voll war (die Leute zelteten schon direkt vor den Klos). Doch hinten in der Mitte war noch ein Plätzchen für Walter und uns, wo wir dann zu meiner „großen“ Freude im strömenden Regen das Zelt aufbauten.
Jo! Konnte nun losgehen mit der Great Ocean Road!
Song der Stunde: OneRepublic – Wherever I go