Thomas hatte just am Tag zuvor unseren fahrbaren Untersatz für seine drei Monate (und meine vier Wochen) gefunden und holte mich damit auch stolz vom Brisbane Airport ab. Da stand er nun auf dem Airport-Parkplatz, der dunkelrote Mitsubishi Challenger, ein 4WD Baujahr 1999. Kantig und stämmig und schon mit einer sichtbar bewegten Geschichte unter der shabby Haube. Bei mir war es tatsächlich Liebe auf den ersten Blick und ich taufte unseren älteren Herren “Walter“ – weil er eben nicht mehr der Jüngste ist und als Hommage an “Walter Mitty“ (für die Nicht-Cineasten: “The Secret Life of Walter Mitty“ ist ein wunderbarer Film mit Ben Stiller, der vom Loslaufen und Machen statt Tagträumen handelt. Unbedingt gucken!).
“Walter“ gehörte zuvor drei ziemlich verplanten Franzosen, die mit ihm vier Monate durch Australien gefahren waren. Prima, er kannte die Strecke also schon, das konnte nur ein Vorteil sein. Besonders gut gepflegt hatten sie ihn aber nicht, woraus sich eine klare Agenda für die nächsten Tage ergab:
- Walter fit machen
- Uns fürs Campen entsprechend ausrüsten
Entsprechend viel Zeit verbrachten wir in diversen Repcos, Kmarts, The Big Ws, Supercenters, Anacondas, BCFs, Coles, Woolworth’s und im … Aldi (haha!), um die umfassende Shoppingliste abzuarbeiten. Heraus kam folgendes:
- Ein Roof-Top-Tent (…das nicht lieferbar war. Angeblich Ende der Woche)
- Also noch ein billiges Drei-Personen-Zelt vom Kmart plus zwei Isomatten für die erste Zeit
- Bettdecke, Bettbezug, Kissen und Laken
- Ein Solarpanel und eine Batterie für die Stromgewinnung
- Einen Pavillon zum Schattenspenden
- Zwei Campingstühle à 6 $ von Kmart
- Einen kleinen Camping-Kühlschrank – und noch einen, als Kühlschrank Nummer 1 mit einem Stromtodesstoß in die ewigen Jagdgründe ging
- Diverse Adapter, um Geräte während der Fahrt laden sowie Musik übers Autoradio spielen zu können
- Einen Campingkocher samt Gasflasche
- Ein 2-Personen-Emaillie-Geschirrset, Besteck und Kochset
- Einen 20l Wasserkanister samt Zapfhahn
- Einen Wasserfilter BRITA (German quality!)
- Solardusche
- Eine Werkzeugkiste, Wagenheber und verschiedenen Autokram, von dem ich nix verstehe
- Diverses Elektrozeug, um Kühlschrank und Batterie und alles zusammen zu schließen, wovon ich auch nix verstehe, aber da war noch ein hübsches LED-Lichtband für die Zelterleuchtung dabei
- Recovery Tracks: so Plastikspuren, die man unter die Reifen legen kann, wenn man festgefahren ist (ich lerne…)
- und noch diversen Kleinkram
Zusätzlich baute Thomas aus Spannplatten im Kopfraum noch eine Art Staubox, um Sachen zweietagig und sicher packen zu können. Keine halben Sachen, …
Das dauerte alles seine Zeit. In den ersten Tagen wohnten wir noch bei einer Studienkollegin von Thomas (aus Neuseeland), die ein Haus in der Nähe der Gold Coast hat. So eine Basis war für mich tatsächlich ganz gut, denn der Jetlag traf mich am Montag, also an Silvester, erstmal so richtig mitten ins Gesicht (Sonntag ging es interessanterweise noch; allerdings haben wir da auch einen ruhigen Tag gemacht)… bis hin zu dem Gefühl mitten im Einkaufszentrum “ich muss mich hier jetzt hinlegen und schlafen.“ Habe ich nicht getan, aber alles kostete ganz furchtbar viel Kraft. So kam es, dass ich tatsächlich für den Jahreswechsel extra aufstand, wir uns ganz gemütlich zu zweit auf die Veranda zum Anstoßen und Feuerwerkgucken (das sich sehr in Grenzen hielt) setzten und dann direkt wieder schlafen gegangen bin.
Abgesehen von diesen “natürlichen“ Anlaufschwierigkeiten (die bei neun Stunden Zeitunterschied aber eben nicht ausbleiben) begegnete mir Australien aber von Sekunde 1 als ein sehr sympathisches, offenes und freundliches Land ohne große kulturellen Schockmomente. Ohne die Känguru-Warnschilder hätte ich anfangs das Ganze auch locker für Florida halten können – nur eben mit der speziellen Flora und Fauna.
Ein großer Unterschied sind aber die Menschen. Gut, ich bin noch nicht mal eine Woche hier, aber ich meine jetzt schon sagen zu können, dass die Australier die freundlichsten, entspanntesten Menschen sind, die ich je getroffen habe. Man hört vorher davon, man liest “No worries“, aber es ist wirklich so. Und es ist nicht nur diese oberflächliche Freundlichkeit, die Leute wollen wirklich helfen, sind super entgegenkommend und sprudeln über vor Tipps und Ideen, zum Beispiel, als wir über “Gumtree“ (Plattform für lokale Kleinanzeigen) diverse Dinge gekauft haben und sich in der Abwicklung Fragen ergaben (z.B. lässt sich der neue Kühlschrank über die Batterie in unserem Auto betreiben).
Absolut fasziniert war ich aber davon, dass es – ohne zu übertreiben – an meinem ersten Tag in Australien tatsächlich drei Minuten gedauert hat, bis ich die ersten Kängurus gesehen habe! Wir fuhren zum Batteriekaufen, Thomas sagte “Guck’ jetzt mal rechts“ und – zack – da saßen sie auf einem Rasen zwischen einer Siedlung und einem Waldstück und guckten uns an. So sieben – acht Stück, gar nicht weit von dem Haus, in dem wir unsere Basis hatten. Ich bin dann später nochmal hin und wollte sie gerne hüpfen sehen, aber offenbar erwarteten sie das Gleiche von mir und guckten mich die ganze Zeit erwartungsvoll an. Eins legte sich sogar gemütlich auf die Seite und stützte den Kopf in die Pfote. Fehlte nur noch das Popcorn!
Es ist so unterhaltsam geschrieben, echt prima!
Åh, ist es schön mit euch etwas „mitreisen“ zu können. Ich kann mir alles schon sehr gut vorstellen – einschließlich Kängurus.
Bin allerdings sehr neugierig auf das bestellte Roof-Top-Tent.
Liebe Grüße von Mutti